Inklusion im Bildungsbereich
Bevor wir in die Details der schulischen Inklusion eintauchen, möchten wir darauf hinweisen, dass Inklusion ein umfassendes Thema ist, das viele Bereiche unserer Gesellschaft betrifft. In dieser Lektion werden wir uns jedoch auf den schulischen Bereich konzentrieren.
In der Sphäre der Bildung impliziert Inklusion, dass sämtlichen Individuen gleichermaßen die Chance eröffnet wird, an einer qualitativ hochwertigen Bildung teilzuhaben und ihre individuellen Potenziale zu entfalten, ohne Rücksicht auf spezifische Lernbedürfnisse, Geschlecht sowie soziale und ökonomische Voraussetzungen.
Inklusive Bildung stellt einen fortlaufenden Prozess dar, der darauf abzielt, die Fähigkeiten im Bildungssystem zu stärken, die erforderlich sind, um alle Lernenden zu erreichen. Dieser Ansatz berücksichtigt die vielfältigen Bedürfnisse von Kindern, Jugendlichen sowie Erwachsenen und manifestiert sich durch eine verstärkte Beteiligung an Lernprozessen, kulturellen Aktivitäten und Gemeinschaftsangelegenheiten sowie durch eine konsequente Reduzierung von Ausschlüssen im Bildungsbereich.
Die Realisierung dieses Ziels erfordert wesentliche Veränderungen in den Inhalten, Methoden, Strukturen und Strategien des Bildungswesens. Diese Transformationen müssen durch eine gemeinsame Vision gestützt werden, die die Teilhabe aller Menschen einschließt und von der Überzeugung geprägt ist, dass es die Verantwortung des regulären Bildungssystems ist, alle Lernenden angemessen zu unterrichten.
Inklusion sollte als grundlegendes Leitprinzip für Bildungspolitik und -praxis fungieren, basierend auf der Anerkennung von Bildung als fundamentalem Menschenrecht und als Grundlage für die Schaffung einer gerechteren Gesellschaft (UNESCO, 2014).
Was ist “Inklusive Bildung”?
Inklusive Bildung kann als weltweites Paradigma bezeichnet werden, mit dem Teilhabe und Partizipation sowie Prozesse des Ein- und Ausschlusses in Bildungskontexten und darin eingelagerte Barrieren sowie Diskriminierungen, in den Blick genommen werden (Ainscow & Sandill, 2010; Richardson & Powell, 2011).
Politisch-normative Setzungen inklusiver Bildung – unter anderem durch die UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) (UN 2006) – werden derzeit in bildungspolitischer Hinsicht national, regional und lokal aufgegriffen und daran anschließend Prozesse der Steuerung in Bildungssystemen initiiert. Inklusion kann dabei als “fuzzy concept” (Artiles & Dyson, 2005) beschrieben werden, das sich dadurch auszeichnet, dass es auf nationaler und regionaler Ebene in differenten historisch entwickelten, kulturell ausgeprägten sowie normativ und rechtlich fundierten Bildungssystemen aufgenommen und in die Praxis übersetzt bzw. transformiert werden muss (Kozleski et al., 2011; Biermann, 2021). In den deutschsprachigen Bildungs- und Erziehungswissenschaften ist inklusive Bildung zu einem interdisziplinären Leitbegriff avanciert, der insbesondere in der Schulpädagogik, der Sonderpädagogik und der Allgemeinen Erziehungswissenschaft diskutiert wird (Budde, 2018), allerdings auch hier mit unterschiedlichen Vorstellungen (Hackbarth & Martens, 2018; Kiel et al., 2014; Werning, 2014).
Wir werden nun genau auf das Konzept der inklusiven Bildung im schulischen Kontext eingehen. Es ist wichtig zu verstehen, dass Inklusion nicht nur eine Idee ist, sondern auch ein Konzept der Schul- und Unterrichtsentwicklung darstellt. Im weiteren Verlauf dieser Lektion werden wir uns damit beschäftigen, inwieweit inklusive Einstellungen und Überzeugen von Lehrkräften eine Rolle spielen. Beachte jedoch, dass der Bereich der inklusiven Unterrichtsentwicklung erst im vierten Modul ausführlicher behandelt wird.