Situation an Förderschulen für Schulbegleitungen
Wie ist der Ist-Zustand?
Schulbegleitungen sind, per Gesetz, keine pädagogischen Mitarbeitenden, sondern dienen der reinen Assistenz und gelten als einzelfallbezogene Unterstützungsmaßnahme für Schüler*innen mit einer Behinderung. Dennoch geraten sie oft in eine Rolle der Zweit-Lehrkraft. Sie sind, unter Umständen, die einzige Berufsgruppe, welche den gesamten Schulalltag in der Klasse und somit mit den Schüler*innen verbringt. Ihnen fehlt aber dennoch die Professionalisierung einer pädagogischen Arbeitskraft, welche somit über andere Entscheidungsmächte bestimmt.
Schulbegleitungen als Risikofaktor der kindlichen Entwicklung?
Um Schulbegleitungen für einzelnen Schüler*innen genehmigt zu bekommen, bedarf es einer Vielzahl an Nachweisen. Neben dem “Antrag auf Eingliederungshilfe” (§35a SGB VIII) ist auch ein medizinisches bzw. therapeutisches Gutachten zum Förderbedarf des Kindes notwendig. Wird eine solche Schulbegleitung schlussendlich genehmigt, unterstreichen sie jedoch, vor allem im inklusiven Schulsetting, durch ihre Anwesenheit die Besonderheit der Schüler*innen mit Förderbedarf. Bei diesem Andersartigmachen von bestimmten Personengruppen oder Einzelpersonen, durch die Distanzierung zur Norm, spricht man von Othering. Dies kann Peer-Interaktionen mit Mitschüler*innen maßgeblich beeinträchtigen und als Bevorzugung oder Abweichung von der Norm verstanden werden.
Darüber hinaus stellt das Ressourcen-Etikettierungs-Dilemma ein großes Problem im inklusiven Schulalltag dar. So erfolgt die Kommunikation oder Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Instanzen häufig nur auf Grundlage von Gesetzen. Alltägliches Beispiel: Die Feststellung eines Förderschwerpunktes, auf Grundlage eines Gutachtens, führt zu einer inklusiven Beschulung eines 9-jährigen Mädchens. Dadurch, dass das Mädchen nun an einer inklusiven Grundschule beschult wird, steht ihr, nach rechtlicher Prüfung, eine Schulbegleitung zu. Rein darauf basierend, dass dieses Mädchen nun mit der Schulbegleitung am Schulalltag teilnimmt, stehen der Schule nun Ressourcen zu, die ihr ohne dieses Mädchen rechtlich nicht zustehen würden. Das kann dazu führen, dass Förderbedarfe zugeschrieben werden, die eventuell gar nicht vorliegen.
Quellen
Arndt, A.-K.; Blasse, N.; Budde, J.; Heinrich, M.; Lübeck, A.; Rohrmann, A. (2017): Schulbegleitung als Forschungsfeld. In: Budde, J.; Dlugosch, A.; Sturm, T. (Hrsg.): (Re-)Konstruktive Inklusionsforschung. Differenzlinien – Handlungsfelder – Empirische Zugänge. Leverkusen: Budrich, S. 225-240.
Ehrenberg, E.; Lindmeier, B. (2017): Differenzpraktiken und Otheringprozesse in inklusiven Unterrichtssettings mit Schulassistenz. In: Leontiy, H.; Schulz, M. (Hrsg.): Ethnographie und Diversität. Wissensproduktion an den Grenzen und die Grenzen der Wissensproduktion. Wiesbaden: Soringer, S. 139-158.