Warum ist Selbstreflexion in der Arbeit gegen Antisemitismus so wichtig?
Reflexion wird als Basiskompetenz von Lehrkräften angesehen:
„Der Begriff ‚Reflexionsfähigkeit‘ bezieht sich auf die Fähigkeit von Lehrer*innen, das eigene Selbst, die berufliche Arbeit sowie die eigene und berufliche Verschränktheit mit den strukturellen, räumlich-zeitlich eingebetteten Rahmenbedingungen zum Gegenstand der Betrachtung zu machen und aus einer Distanz kritisch zu betrachten“ (Paseka 2008: 227).
Hier wird deutlich, dass Lehrkräfte und pädagogische Fachkräfte ausgeprägte Reflexionsfähigkeiten brauchen, da Lernprozesse immer auch Veränderungen bewirken, die aus einer distanzierten Meta-Perspektive reflektiert werden können. Lehrende bereiten Lernende auf mögliche Zukünfte vor, die heute noch gar nicht klar fassbar sind. Das heißt, dass alle diese Fähigkeit zur kritischen Distanz und Betrachtung brauchen, um ein demokratisches Miteinander gestalten zu können. Ganz konkret verändert sich dadurch auch die Rolle des*r Lehrenden hin zu der eines Facilitators, eines Bereitstellenden von eigenständig bearbeitbaren Lerngelegenheiten:
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Video “The role of the facilitator in the community of inquiry“. Von Dr. Stefano Oliverio für EduSkillsPlus. Veröffentlicht am 25. Oktober 2019. Lizenziert als CC BY-NC-ND 4.0
Die Verschränkungen, vielleicht auch Verstrickungen, werden in diesem Lernmodul auch auf gesellschaftliche und familiäre Erzählungen über den NS, den Holocaust und die Shoah[1] bezogen. Im Kontext der Auseinandersetzung und Bekämpfung von Antisemitismus ist eine Reflexion der eigenen Bilder, Vorannahmen, Wissens- und Gefühlsbestände elementar. Sie können die Lernprozesse in diesem komplexen Themenfeld erschweren oder sogar blockieren. Diese eigenen, familiären und gesellschaftlichen Erzählungen zu reflektieren, bedeutet ihren Einfluss auf sich selbst und das heutige Erleben, Fühlen und Handeln anerkennen zu können. Erst diese Auseinandersetzungen ermöglichen umfassende Lernprozesse hinsichtlich der_den Geschichte_n von Jüdinnen und Juden, (israelbezogenem) Antisemitismus und Israel als demokratischem Staat im Nahen Osten.
[1] „Holocaust” meint hier die umfassende Verfolgung, Entrechtung, Ermordung und Vernichtung(slogik) hinsichtlich aller verfolgten Gruppen durch die deutschen Nazis. „Shoah” ist der hebräische Ausdruck für die Vernichtung von 6 Millionen europäischen Jüdinnen und Juden, der bereits von den Verfolgten während des Ereignisses geprägt wurde.