Strategie entwickeln
Eine gute Unterstützung, um das Thema entsprechend den Bedürfnissen Ihrer Schule anzugehen, bietet die Design Thinking Methode. In diesem Kapitel, das in Zusammenarbeit mit der Initiative Neues Lernen und dem Innovationhub.schule entwickelt wurde, werden Sie Schritt für Schritt durch die Methoden geführt, vom gemeinsamen Verständnis der Herausforderung bis hin zum Testen eines Prototyps.
Diese Methode ist besonders gut geeignet, weil sie
- die Zielgruppe(n) und deren Bedürfnisse fokussiert,
- stark lösungsorientiert ist,
- versucht, erst das Problem gründlich zu verstehen, damit die Lösung das Problem “bei der Wurzel packt” (Problemraum <> Lösungsraum),
- von Perspektivenvielfalt und heterogenen Teams profitiert,
- sehr dynamisch ist und oft viel Spaß macht 🙂
Die aktive Teilnahme und das Gefühl der Selbstwirksamkeit sind dabei entscheidende Faktoren.
Sie können sich mit der unten stehenden Grafik einen Überblick über die Methode verschaffen. Darunter finden Sie ein Akkordeon, in dem alle Schritte ausführlich erklärt werden.
Sie finden weiter unten die Methode als .docx, womit Sie analog oder digital arbeiten können.
Grafische Aufbereitung der Design Thinking Methode von Marie Tardieux | ZfL der Universität zu Köln | CC BY-SA 4.0
Design Thinking findet in zwei Haupträumen statt: dem Problemraum und dem Lösungsraum. Im Problemraum zielen die Schritte darauf ab, das Problem in der Tiefe zu verstehen. Dies ist der Ausgangspunkt, an dem das Team die Herausforderungen und Bedürfnisse genau analysiert.
Danach geht es in den Lösungsraum, wo auf der Grundlage des Problemverständnisses nach innovativen Lösungen gesucht wird. In diesem Raum werden Ideen entwickelt, Prototypen entworfen und Tests durchgeführt.
Im Verlauf des Design-Thinking-Prozesses wechseln sich divergente und konvergente Phasen ab. In den divergenten Phasen geht es darum, eine Vielzahl von Ideen zu generieren und Möglichkeiten zu erkunden. In den konvergenten Phasen werden die Herausforderungen und Lösungen gezielt ausgewählt und verfeinert, um zu einer optimalen Lösung zu gelangen. Dieser dynamische Prozess ermöglicht die Entwicklung kreativer Lösungen, die auf einem umfassenden Verständnis des Problems beruhen.
“Wenn ich eine Stunde habe, um ein Problem zu lösen, dann beschäftige ich mich 55 Minuten mit dem Problem und 5 Minuten mit der Lösung.“
Denn nur, wenn das Problem wirklich verstanden wurde, kann es nachhaltig gelöst werden. Wir widmen uns im ersten Schritt dem “Verstehen” und formulieren eine erste gemeinsame Leitfrage/Design Challenge. Die Design Challenge ist eine Forschungsfrage, die sich im Verlauf des Prozesses mit jedem Erkenntnisschritt verändern darf. Damit alle Bedürfnisse berücksichtigt werden können, ist es wichtig, Vertreter*innen aller betroffenen Zielgruppen einzubeziehen.
In einem 90-minutigen Treffen von bspw. 8 LuL, 4 SuS, 2 Eltern wird ein gemeinsames Problemverständnis entwickelt. Nach einem allgemeinen Überblick kann eine konkrete Fragestellung zu den Bedürfnissen und den Herausforderungen erfolgen.
Methode gemeinsames Problemverständnis | ZfL der Universität zu Köln | CC BY-SA 4.0
Ausgangslage: Es werden Fotomontagen auf dem schuleigenem Tablet eines Schülers gefunden. Zu sehen sind pornografische und rassistische Abbildungen. Nach einer ersten Recherche stellt die Schulgemeinschaft fest, dass es mehrere Täter:innen und Opfer gibt.
Die Schulgemeinschaft (8 LuL, 4 SuS, 2 Eltern) setzt sich mit der Herausforderung in einem Design Thinking Prozess auseinander. Mit Beendigung der ersten Phase hat die Schulgemeinschaft verstanden, dass es über diese Einzelfälle hinaus ein Problem mit digitaler Ethik hat und sie sich dem Thema “Digitale Ethik” widmen darf.
Die Design Challenge lautet: “Werte, Normen und ethisches Verhalten im Miteinander an unserer Schule – bitte auch digital!”
“Die Definition von Wahnsinn ist es, immer das gleiche zu tun und ein neues Ergebnis zu erwarten.“
Damit die Lösung nicht am Problem vorbei geht, werden in der zweiten Phase die Bedürfnisse, die Ängste, die Sichtweisen und Emotionen aller betroffenen Menschen beleuchtet.
Am besten lassen sich die Bedürfnisse, Ängste, Sichtweisen und Emotionen der Zielgruppen in einem Interview beleuchten. Eine Gruppe trifft sich in einem 60-Minuten-Treffen, um einen Gesprächsleitfaden mit interessanten Fragen für die Interviews zu erstellen.
Checkliste Interview | ZfL der Universität zu Köln | CC BY-SA 4.0
Eindrücke und Antworten aus den Interviews werden gemeinsam im Team in einem 60-Minuten-Treffen interpretiert.
Wählen Sie die Interviewer*innen mit Bedacht. Denn wenn Klassenlehrer*innen ihre eigenen Schüler*innen befragen, könnte das zu sozial erwünschten Antworten führen. Diese führen langfristig dazu, dass die Lösung am Problem vorbei entwickelt wird.
Eine Gruppe trifft sich, um interessante Fragen für ein Tiefeninterview in einem Gesprächsleitfaden zusammen zu tragen. Dabei nimmt die Gruppe die verschiedenen Zielgruppen in den Blick, deren Perspektive mit den Interviews erschlossen werden soll: Schüler*innen, Lehrkräfte, Eltern bzw. Erziehungsberechtigte, etc…
- Was wollen wir herausfinden?
- Welche (offenen) Fragen regen das ehrliche Äußern von Eindrücken, Meinungen, Problemen und Wünschen an?
Die Gruppe führt Interviews mit Repräsentanten der Zielgruppen durch und trägt anschließend die Erkenntnisse transparent – und ggfs. anonymisiert – zusammen zur Auswertung.
Nun werden die wichtigsten Erkenntnisse aus den ersten beiden Phasen zusammengeschmolzen, das heißt synthetisiert. Wir ermitteln mit dem Wissen der vorherigen Phasen, wer unser*e eigentliche*r Nutzer*in sein wird. In dieser Phase nehmen wir also die ganz konkreten Bedürfnisse der zukünftigen Nutzer*innen unserer Lösung in den Blick. Denn diese*r soll unsere Lösung schließlich auch nutzen, deswegen müssen wir ihn*sie gut kennen und verstehen.
In einem Persona-Workshop (90 Minuten) werden die Notizen aus dem ersten Teamtreffen und den Interviews gemeinsam mit der PMI Methode (Plus-Minus-Interessant) ausgewertet.
Alle positiven Aspekte werden in der Plus-Spalte gesammelt, alle negativen Aspekte in der Minus-Spalte und alle Fragen, Beobachtungen, Kommentare und Vorschläge in der Interessant-Spalte.
PMI-Methode, graf. Umsetzung Marie Tardieux | ZfL der Universität zu Köln | CC BY-SA 4.0
Im nächsten Schritt wird eine Empathy-Map für jede Persona ausgefüllt, um das Bewusstsein für die Perspektive unserer Zielgruppen zu schärfen. Dort werden (eingeschätzte) Gedanken und Gefühle der jeweiligen Persona in Bezug auf unsere Herausforderung festgehalten:
- Was denkt und fühlt sie?
- Was sieht sie?
- Was hört sie?
- Was sagt und tut sie?
Unter Herausforderung werden die möglichen Ängste, Sorgen, Probleme der Persona festgehalten. Unter Bedürfnis werden Wünsche, Träume und Bedürfnisse der Persona festgehalten.
Empathy Map, grafische Anpassung von Marie Tardieux, ZfL der Universität zu Köln | CC BY-SA 4.0
Anschließend werden WKW-Fragen definiert, die in der nächsten Phase der Ideenfindung genutzt werden. Hier empfehlt es sich, maximal eine WKW-Frage pro Persona zu definieren.
WKW-Fragen ermöglichen es uns, die Herausforderung zu fokussieren und neu einzugrenzen. Sie dienen als Bindeglied zwischen dem Problemverständnis und der Erkundung potenzieller Lösungen und ermöglichen es, komplexe Designherausforderungen in überschaubare Einzelkomponenten zu zerlegen, wodurch ein zielgerichteter Ansatz für die Lösungsfindung entsteht. Gleichzeitig fungieren sie als kreative Impulsgeber, die kollaborative Teamarbeit fördert und die Entstehung innovativer Ideen begünstigt.
Erfolgskriterien für eine gute WKW-Frage:
- Positive Formulierung.
- Inspirierend!
- Offen für Gestaltung.
- Nicht zu Offen! – Nenne die Rahmenbedingungen!
Nun bildet die Schulgemeinschaft zwei Kleingruppen (7 Personen) in denen jeweils Eltern/LuL/SuS vertreten sind, weil es sich so besser arbeiten lässt. Die zweite Phase wird angeleitet durch die Design Challenge “Werte, Normen und ethisches Verhalten im Miteinander an unserer Schule – bitte auch digital!”.
Die Schulgemeinschaft arbeitet in dieser Phase mit der Methode PMI (Plus-Minus-Interessantes).
- P: Wenn ich an Digitalität an unserer Schule denke, dann fällt mir positiv auf…
- M: Wenn ich an Digitalität an unserer Schule denke, dann fällt mir negativ auf…
- I: Wenn ich an Digitalität an unserer Schule denke, dann frage ich mich/wundert mich…
Nachdem die Gruppen sich zu ihren PMIs verständigt haben, füllen sie die Empathiekarten je Personengruppe aus.
Dann stellt Gruppe 1 fest, dass die Personengruppe der Lehrkräfte das Problem hat, dass sie sich häufig nicht uptodate fühlen und unsicher im Umgang mit den neuen Medien.
Gruppe 2 erkennt, dass die Schüler*innen sich häufig unverstanden fühlen, wenn Lehrkräfte ihnen die Nutzung ihres Smartphones untersagen.
Gruppe 1 hat die Design Challenge in die folgende WKW-Frage “Wie können Lehrkräfte Sicherheit im Umgang mit neuen, v.a. sozialen Medien entwickeln?” umformuliert.
Gruppe 2 hat die Design Challenge in folgende WKW-Frage “Wie können wir SuS die sichere, mobbingfreie Nutzung von digitalen Endgeräten in der Schule ermöglichen?” umformuliert.
Wir haben nun eine gute Vorstellung von der Person, für die wir eine Lösung entwickeln wollen, deswegen können wir in den Lösungsraum eintauchen. Und damit wir nicht mit der erstbesten Idee beginnen, dürfen alle ihre Gedanken einbringen und wir bergen erst einmal den wertvollen Schatz des heterogenen Teams. Wir sammeln also erst einmal alle Ideen und Gedanken. Jetzt zählt Quantität vor Qualität.
In einem Ideen-Workshop werden Ideen auf Basis der WKW-Fragen gesammelt. Die Relevanz oder Machbarkeit der Ideen werden später überprüft, hier zählt jede verrückte Idee!
Ggf. kann der Workshop an ein anderes Schulevent angedockt werden, bei dem möglichst viele Personen teilnehmen.
Im folgenden Element finden Sie einige Methoden zur Ideenfindung.
Sie können über die linken Seitennavigation oder über die Pfeilen oben oder unten rechts zwischen den Methoden navigieren.
Die Teams widmen sich mittels verschiedener Methoden der Ideenphase. Jede verrückte Idee zählt! Und wir bauen auf den Ideen anderer auf. Quantität vor Qualität.
Nun geht es ans konkret werden. Wir erstellen einen Prototyp für unsere Persona, um die Ideen greifbar/konkret zu machen.
Die Ideen werden zunächst geclustert und die Besten ausgewählt. Unten finden Sie einige Methoden, um eine Vorauswahl zu treffen.
Für die Umsetzung sind keine Grenzen gesetzt: Papier & Stifte, Bastelmaterialien, Flyers, Rollenspiele… Wichtig ist nur, dass der entwickelte Prototyp der Zielgruppe(n) die Chance gibt, sich in die Lösung hineinzuversetzen, damit sie ein Feedback geben kann/können.
Sie können über die linken Seitennavigation oder über die Pfeilen oben oder unten rechts zwischen den Methoden navigieren.
Welche weiteren Hilfestellungen / Ressourcen / Links / Kontakte können wir noch für die Umsetzung gebrauchen?
Gruppe 1: Rollenspiel-Prototyp: “Social Media Beratung von LuL durch SuS”
Gruppe 2: Projektcanvas “Nutzungsregelung von Smartphones an der Schule”
Damit die Lösung nicht am Problem vorbei geht, werden die Prototypen in einer ersten Iterationsschleife mit einigen Personen aus den/der Zielgruppe/n getestet. Das Ziel dieser Phase ist es, Feedback zu bekommen.
In einem Treffen mit Personen aus den verschiedenen Zielgruppen wird der Prototyp vorgestellt/getestet und Feedback mithilfe der Methode „I like, I wish, What if“ eingeholt.
- Unter „I like“ können Feedbackgeber*innen zurückgeben, was sie an der Lösung mögen, positiv auffällt.
- Unter „I wish“ können sie Verbesserungsvorschläge und Ideen äußern.
- Unter „What if“ können sie Vorschläge äußern, die bisher noch nicht berücksichtigt worden sind.
Gruppe 1 und Gruppe 2 stellen sich ihre Prototypen gegenseitig vor und integrieren das Feedback in den Prototyp, bevor sie ihn in der Schulgemeinschaft einbringen um den Test zu planen.
Dazu müssen dann im Anschluss Schüler*innen als Social Media Coaches akquiriert werden, die das Coaching-Format für einen Test entwickeln.
Drucken Sie das Dokument aus oder speichern Sie es an einem Ort, wo Sie gemeinsam daran arbeiten können und füllen Sie dieses im Laufe des Prozesses aus.