Gestaltung von Prüfungen
Foto: Andi Wiland von gesellschaftsbilder.de
Die UN-Behindertenkonvention (UN-BRK) schreibt in Artikel 24:
“Bei der Verwirklichung dieses Rechts stellen die Vertragsstaaten sicher, dass […] Menschen mit Behinderungen nicht aufgrund von Behinderung vom allgemeinen Bildungssystem ausgeschlossen werden und dass Kinder mit Behinderungen nicht aufgrund von Behinderung vom unentgeltlichen und obligatorischen Grundschulunterricht oder vom Besuch weiterführender Schulen ausgeschlossen werden.” (Art. 24 Abs. 2 lit. a UN-BRK (Bildung))
Das Recht eines jeden Menschen auf gleichberechtigten Zugang zu Bildung stellt oftmals große Herausforderungen für den Unterricht an Regelschulen und vor allem bei Prüfungen dar. Kann beim Unterricht noch individuell auf jeden einzelnen eingegangen werden, so ist dies beim Ablegen von Prüfungen oder Leistungsnachweisen nicht mehr ganz so einfach. Prüfungen sollten eigentlich für alle Prüflinge gleich gestaltet werden. Dies ist aber für Menschen mit Beeinträchtigungen nicht immer möglich. So können Menschen mit Sehbeeinträchtigung z. B. den Text nicht lesen, ein hörbeeinträchtigter Prüfling kann keine “mündliche Prüfung” absolvieren. Menschen mit geistigen Behinderungen wie einer Autismus-Spektrum-Störung können unter Umständen die Aufgabenstellung nicht voll erfassen, oder Lernende mit AD(H)S brauchen für eine Prüfung mehr Zeit als Lernende ohne Beeinträchtigung.
Daher ist es wichtig, vor allem Prüfungen barrierefrei zu gestalten. Hierbei ist es abhängig davon, welche Beeinträchtigung beim einzelnen Lernenden vorliegt, was die individuellen Bedarfe sind und wie diese auf die Prüfungsinhalte und -formate angewandt werden können.
Beispiele für Modifikationen von Aufgaben1
für Menschen mit Gehörlosigkeit
- Dolmetscher (für Gebärdensprache) bei mündlichen Prüfungen
- Ersetzen von Hörverstehensaufgaben durch Textaufgaben
für Menschen mit Sehbehinderung
- Anfertigung dreidimensionaler Modelle anstelle von Grafiken in Mathematik, Biologie, Physik o. Ä.
- Einsatz der Braille-Schrift, z. B. bei der Aufgabenstellung oder bei Bildbeschreibungen
- spezifische Textformatierungen nach Standardformatierung
für Menschen mit Autismus-Spektrum-Störung
Modifikation der Aufgabenstellungen in den Fächern Deutsch und Englisch:
- Erläuternde Ergänzungen bei der Formulierung der Aufgabenstellung,
- Hinweis auf Redewendungen und Interpretationen,
- Modifizierungen von Metaphern, Redewendungen und Ironie,
- Perspektivwechsel, Hineinversetzen in die Protagonisten und/oder
- Interpretation von Empfindungen/Emotionen der Protagonisten.
für Menschen mit starker Lese-Rechtschreib-Schwäche
Gilt nur bei besonders begründeten Einzelfällen einer starken Lese-Rechtschreib-Schwäche (bis Ende der 10. Klasse bzw. der 9. Klasse des verkürzten gymnasialen Bildungsgangs):
- andere oder modifizierte Aufgabe
- mehr Zeit einräumen
- von der Benotung absehen und die Prüfung nur mit einer Bemerkung versehen
- Vokabelkenntnisse in Fremdsprache mündlich abfragen
Literatur
1 Vgl. Ministerium für Schule und Bildung des Landes Nordrhein-Westfalen (2017): Arbeitshilfe: Gewährung von Nachteilsausgleichen für Schülerinnen und Schüler mit Behinderungen, Bedarf an sonderpädagogischer Unterstützung und/oder besonderen Auffälligkeiten in der Sekundarstufe I – Eine Orientierungshilfe für Schulleitungen. Artikel 3.4, 3.5, 4. https://www.schulministerium.nrw/sites/default/files/documents/2-Arbeitshilfe_Sek_I.pdf.