
Design Thinking im Chemieunterricht
Schulform
Gesamtschule
Fach
Chemie
Jahrgangsstufe
Oberstufe
Standort
NRW
Verwendete Tools
Webquest
Mentimeter
Edkimo
Edpuzzle
Alternative Tools
Padlet
Canva
ExplainEverything
Cryptpad
Autor*in
Petra Wolthaus
Lehrerin/MINT-Beauftragte, Chemikerin (Europaschule Köln)
Beschreibung
Für viele Schüler*innen ist Chemieunterricht wenig kreativ und oft starr. Wie ein relativ ergebnisoffener Unterricht aussehen kann, bei dem Schüler*innen ihre Fähigkeiten auch aus anderen Fachdisziplinen zielführend nutzen können, zeigt dieses Unterrichtsmodul. Die einzelnen Schüler*innenteams entwickeln dabei (möglichst) eigenständig Ideen, wie sie z.B. Papier aus Gras oder Textilien aus Brennnesseln herstellen können. Ihren selbst entwickelten Prototyp stellen sie wie beim VOX-Format „Die Höhle der Löwen“ der Klasse vor. Zusätzlich konnten sie Werbeflyer, ein Werbevideo o.ä. erstellen.
Einsetzbares Material
Um den Schüler*innen einen Überblick über das Material zu geben, führt ein Weg durch die Lernlandkarte.
Die Lernlandkarte dient der Übersicht über die geplante Unterrichtssequenz. Das konkrete Material ist unter dem gleichnamigen Punkt 5 aufgeteilt nach Unterrichtsstunden einsehbar und zur Weiterverwendung downloadbar.
Voraussetzungen
Rahmenbedingungen
Die Schüler*innen zweier Chemie-Q2-Kurse einer Gesamtschule in NRW haben in vorangegangenen Unterrichtsmodulen zu Design Thinking den Design Thinking-Prozess und zugehörige Methoden kennengelernt. Sie sind in der Lage, ein Lerntagebuch zu führen und dahingehend zu nutzen, dass sie ihre Fehler reflektieren und gewinnbringend nutzen können. Sie arbeiten gut und gerne in einem Team und sind zuverlässig. Um besser auf die Schüler*innen eingehen zu können, wurden sie gedanklich in drei Untergruppen eingeteilt:
- Schüler*innen mit gutem Leistungsniveau, Chemie als Abiturfach, arbeiten sehr eigenständig, hohe Leistungsbereitschaft
- Ehrgeizig, motiviert, engagiert, weniger leistungsstark
- Geringe Selbstwirksamkeitserwartung, brauchen Feedback und gute Strukturierung des Unterrichts, Vorwissen weniger in Chemie, dafür in gesellschaftswissenschaftlichen Fächern
Die Lehrkraft liebt ergebnisoffenen Unterricht, bei dem sie das Ergebnis nicht schon vorher kennt. So lernt sie selbst dazu und ist neugierig auf die Ergebnisse der Jungen und Mädchen.
Das Unterrichtsmodul wird in einem Experimentierraum durchgeführt, sodass die Schüler*innen Zugang zu einfachen chemischen Geräten haben und möglichst eigenständig ihren Versuch entwickeln können.
Alle Schüler*innen haben mobile Endgeräte und verfügen über Erfahrungen im Umgang mit Apps wie Etherpad, der schuleigenen Cloud, ExplainEverything.
Eingeordnet wurde diese Unterrichtsreihe in das Inhaltsfeld 4 „Organische Produkte – Werkstoffe und Farbstoffe“ und umfasste 10 Unterrichtsstunden.
Angestrebte Lernziele
(Zuordnung vier Ks)
Die Schüler*innen sollen:
– Design Thinking anwenden (SOLO 4). Kollaboration
– mithilfe von Pflanzeninhaltsstoffen Prototypen (Lösungsansätze) erfinden und ein Problem lösen (SOLO 5 + 4). Kreativität
– ihren Prototypen mit einem herkömmlichen Produkt vergleichen (SOLO 4). Kritisches Denken
– Hypothesen zu Versuchsansätzen aufstellen und einen Versuch planen (SOLO 5 + 4). Kommunikation
– ihre Vorgehensweise, die Zusammenarbeit im Team und mögliche Schwierigkeiten reflektieren (SOLO 5). Kritisches Denken
– viele Ideen kreieren (SOLO 5). Kreativität
Kompetenzen
Fachwissen: siehe Verlaufsplan
Erkenntnisgewinnung: Die Schüler*innen experimentieren, beobachten und protokollieren. Sie müssen Schlussfolgerungen daraus ziehen. Diese neuen Erkenntnisse werden genutzt, um den Prototypen zu verbessern.
Kommunikation: Die Schüler*innen tauschen sich über ihr Wissen, die gewonnenen Erkenntnisse aus und bereiten diese für eine Präsentation vor.
Bewertung: Die Schüler*innen bewerten ihren Prototyp anhand selbst gewählter Kriterien und vergleichen ihn mit einem herkömmlichen Produkt.
Planung
(A)Synchrone Kommunikation mit der Lerngruppe
Die Unterrichtsreihe wurde während der Corona-Pandemie durchgeführt, wobei die Schüler*innen aber die Schule besuchen durften. Experimentieren in Gruppen war aber nicht erlaubt, sodass sie entweder einzeln oder zuhause die Versuche durchführten. Es wurde somit teils synchron teils asynchron vorgegangen. So arbeiteten die Jungen und Mädchen im Unterricht in Teams, die jeweils unterschiedliche Aufgaben und Produkte erstellten. In ihrer Gruppe teilten sie die Aufgaben auf und organisierten ihre Zeitplanung. Zu Beginn jeder Unterrichtsstunde hielten sie die Lernziele für die jeweilige Stunde fest. Sie konnten den Schwierigkeitsgrad der Aufgaben selbst wählen. Da für einige Versuchsansätze nur ungefährliches Experimentiermaterial benötigt wurde und haushaltsübliche Chemikalien genügten, konnten die Jungen und Mädchen selbst zuhause ihre Versuche durchführen. Sie konnten sowohl zuhause, als auch im Unterricht in ihrem eigenen Tempo arbeiten und über die schuleigene Cloud gemeinsam eine Datei o.ä. erstellen.
Der eTeaching-Burger in der geplanten Sequenz


Selbstständigkeit
- Die Schüler*innen führen selbstständig ein Lerntagebuch. Dies können sie handschriftlich machen oder z.B. über etherpad in der schulcloud. Das Tagebuch verdeutlicht den Lernprozess, da die Jungen und Mädchen darin ihr Vorgehen festhalten, Fehler beschreiben, Erkenntnisse daraus formulieren, reflektieren.
- Sie planen selbstständig ihren Versuch und verbessern diesen gegebenenfalls.
- Durch die Methode des Design Thinking wird die Selbstständigkeit unterstützt.
- Sie arbeiten im Team und entscheiden eigenverantwortlich.
- In den asynchronen Lernphasen können sie z.B. ein Marketing-Video über ihr selbst gestaltetes Produkt (Prototyp) drehen.
Agiles Mindset
- Die Schüler*innen interessieren sich für Themen wie Klimawandel, Nachhaltigkeit o.ä., einige von ihnen waren am Fridays for future aktiv.
- Die Lehrperson hat die Aufgabe, als Lernbegleiter den Schüler*innen Feedback zu geben, gegebenfalls zu unterstützen. Die Schüler*innen sollen selbst entscheiden, welchen Teil des Problems sie wie angehen wollen.
- Sie organisieren sich selbst, teilen ihre Zeit selbst ein, verteilen die Aufgaben, führen Lerntagebuch und reflektieren ihre Vorgehensweise und die Zusammenarbeit im Team.
- Die Schüler*innen werden in der Schule an das Problem herangeführt, das Vorwissen wird aufgefrischt. Die Experimente können zuhause durchgeführt werden.
Technik
- Die Schüler*innen können z.B. gemeinsam eine MindMap mit neXboard erstellen.
- Sie können das Lerntagebuch gemeinsam mit Etherpad erstellen. (beide tools sind Bestandteil unserer Schulcloud)
- Sie können auch ein Video drehen.
- Die Schüler*innen nutzen das Webquest, das ihnen eine Struktur gibt. Anstelle des Webquests kann auch ein padlet eingesetzt werden.
- Das Feedback zum Unterricht wird über edkimo abgefragt.
Feedback
- Am Ende jeder Unterrichtsstunde gibt die Lehrkraft ein kurzes Feedback. Dabei wird auch der Lernprozess in den Blick genommen.
- Die Schüler*innen geben Feedback zu den Prototypen der anderen Teams.
- Sie geben weiterhin Feedback zur Präsentation der anderen Teams. Jedes Team stellt seine Vorgehensweise, evtl. Schwierigkeiten oder Fehler und das Produkt (Protoyp) vor.
- Am Ende der Unterrichtsreihe erhält die Lehrkraft Feedback (edkimo).
Kollaboration
- Die Schüler*innen können z.B. gemeinsam eine Mindmap mit neXboard erstellen.
- Sie können das Lerntagebuch gemeinsam mit Etherpad erstellen. (beide tools sind Bestandteil unserer Schulcloud)
- Das Lerntagebuch wird gemeinsam geführt. Dabei wechseln sich die Protokollanten ab.
- Da die Aufgaben umfangreich sind, müssen sie teilweise arbeitsteilig vorgehen. Jede*r Schüler*in ist somit für das Erreichen der Ziele verantwortlich.
- Zu Beginn jeder Stunde legen sie gemeinsam die Ziele für die jeweilige Unterrichtsstunde fest.
- Für das Tagebuch erhält jedes Teammitglied die gleiche Note.
- Das Design Thinking wird im Team durchlaufen.
- Den Schüler*innen wird die Bedeutung von Teamrollen verdeutlicht.
Starke Beziehungen
- Zu Beginn des Unterrichts werden die Bewertungskriterien für das Lerntagebuch und die Präsentation transparent gemacht.
- Regeln für die Zusammenarbeit im Team werden besprochen.
- Während des Unterrichts steht der Lehrer*in für Fragen, bei Schwierigkeiten oder bei Problemen in der Zusammenarbeit zur Verfügung.
eTeaching-Burger I Schulnetzwerk des ZfL der Universität zu Köln (https://zfl.uni-koeln.de/schulnetzwerk) I
CC BY SA 4.0 (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0/)
Aufbau der Unterrichtssequenz
Konkreter Verlaufsplan
Verlaufsplan- Habt Mut, euch auf eine offene Vorgehensweise einzulassen, bei der die Ergebnisse nicht vorhersagbar sind.
- Seid gespannt auf die Ergebnisse der Schüler*innen und forscht mit ihnen gemeinsam.
- Gebt eure Neugier an die Schüler*innen weiter.
Kontext: Unsere Ressourcen sind begrenzt – Nachwachsende Rohstoffe als Alternative?
Inhaltsfeld 4: Organische Produkte – Werkstoffe und Farbstoffe
Inhaltlicher Schwerpunkt:
Organische Werkstoffe
Zeitbedarf: 10 Stunden à 45 Minuten
Schwerpunkteübergeordneter Kompetenzerwartungen:
• E4 Untersuchungen und Experimente
• K3 Präsentation
• B1 Kriterien
• B4 Möglichkeiten und Grenzen
Basiskonzept Struktur-Eigenschaft:
• Stoffklassen und Reaktionstypen
• Eigenschaften makromolekularer Verbindungen
• Polykondensation und radikalische Polymerisation
• Zwischenmolekulare Wechelwirkungen
Bild anklicken, um alle Ergebnisse zu sehen.
Konkretes Material

Die Tabelle ermöglicht einen schnellen Überblick über den Verlauf der Stunden.
Die Präsentation stellt das Bildungsvorhaben im Zusammenhang mit eTeaching dar.
Auszeichnungen
Frau Petra Wolthaus wurde 2020 von der Zeitschrift „Chemie in unserer Zeit“ und der Firma Merck der Julius-Adolph-Stöckhardt-Preis verliehen. Dieser ist mit 2000 EUR dotiert und wird an Lehrkräfte vergeben, die besonders innovativen Chemieunterricht durchführen. Frau Wolthaus war mehrere Jahre lang Unternehmerin, weshalb sie Schüler*innen ein realistisches Bild der heutigen Berufswelt vermitteln kann. In Zeiten von Digitalisierung, Globalisierung und Automatisierungsprozessen sind Fähigkeiten wie Kreativität, Kommunikation, Kritisches Denken und Kollaboration (4 Ks) erforderlich, um die Herausforderungen dieser sogenannten VUCA-Welt zu meistern. Schule muss sich daran anpassen und Unterrichtskonzepte anbieten, die diese Fähigkeiten bei den Schülern*innen fördern. Frau Wolthaus legt in ihrem Unterricht insbesondere Wert auf die Förderung von Kreativität, um zusätzlich den Schüler*innen ein positiveres Bild von Chemie zu vermitteln, denn für die meisten Schüler*innen erscheint Chemieunterricht wohl wenig kreativ, sondern eher starr. Eigene Ideen sind meist nicht gefragt.
Im Wissenschaftsjahr 2020/21 wurde von der Universität Hohenheim in Stuttgart auf Initiative des Bundesministeriums für Bildung und Forschung ein Wettbewerb für Schüler*innen zur Bioökonomie durchgeführt.
Dabei handelt es sich um einen Kreativwettbwerb, in dem Schüler*innen Ideen entwickeln sollten, die mögliche Lösungen zur Klimakrise aufzeigen. Auf die Nutzung fossiler Rohstoffe sollte möglichst verzichtet werden, um die Natur mit Treibhausgasen weniger zu belasten und die Ressource Erdöl zu schonen.
Eine Lerngruppe aus dem Chemiekurs der Q2 von Frau Wolthaus nahm an diesem Wettbewerb teil und belegte den 1. Platz. Sie entwickelten Alternativen zur Kunststoffherstellung aus Erdöl.
Weiternutzung als OER ausdrücklich erlaubt: Dieses Werk und dessen Inhalte sind – sofern nicht anders angegeben – lizenziert unter CC BY 4.0. Nennung gemäß TULLU-Regel bitte wie folgt: „Design Thinking im Chemieunterricht – Wie können wir makro“ von Petra Wolthaus, Lizenz: CC BY 4.0.
Der Lizenzvertrag ist hier abrufbar: https://creativecommons.org/licenses/by/4.0/deed.de
Tag:Edkimo, Edpuzzle, Mentimeter, Webquest