Integration vs. Inklusion
Beginnen wir damit, Inklusion und Integration voneinander zu unterscheiden. Oftmals werden diese beiden Begriffe verwechselt, doch sie repräsentieren unterschiedliche pädagogische Ansätze und Ziele.
In der Erziehungswissenschaft zeichnet sich gegenwärtig eine Tendenz ab, den Inklusionsbegriff, wie er in der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) entfaltet wird, breit und in der Verschränkung mit weiteren Differenzkategorien, wie z.B. Migration, zu denken (z.B. Lindmeier & Lütje-Klose, 2015; Wansing & Westphal, 2014; Westphal & Wansing, 2019). Hiermit ist gemeint, die besonderen Diskriminierungserfahrungen von Menschen mit Behinderung anzuerkennen, Teilhabe herzustellen und dabei genauso intersektionale Formen von Diskriminierung entlang vielfältiger Differenzlinien wie etwa Alter, Geschlecht, äußeres Erscheinungsbild oder Nationalität zu reflektieren (Crenshaw, 1994).
Das Ziel der Teilhabe aller Menschen, unabhängig von ihren Fähigkeiten und Bedürfnissen, verstehen solche Perspektiven als universelles Ziel. Inklusion bezieht sich damit grundlegend auf alle Organisationen, Diskurse und rechtlichen Vorschriften, welche in die Teilhabegestaltung und/oder -verwehrung von Menschen involviert sind. Inklusion ist Zielrichtung der gesamten gesellschaftlichen Architektur. Damit unterscheidet sich die Perspektive von dem ebenso kontrovers diskutierten Integrationsbegriff. Dieser steht in der Kritik, da er gesellschaftliche Referenzsysteme, in die hinein integriert werden soll, und ausgewählte Personen(-gruppen), welche als zu integrierende Akteur*innen gefasst werden, als strukturell getrennte Entitäten einander gegenüberstellt (Geisen, 2010). Der Integrationsbegriff dichotomisiert einen expliziten Gegensatz von Eigenem und Fremden sowie Normalität und Abweichung (Geisen, 2010), wohingegen ein menschenrechtliches Verständnis von Inklusion gesellschaftliche Diversität anerkennt, indem die Gesellschaft nicht in deutlich voneinander abgegrenzte und scheinbar homogene Gruppen unterteilt wird (Georgi & Keküllüoğlu, 2018).