Beziehung
Was sind die Voraussetzungen für eine sichere Bindung?
Die Beziehungsarbeit ist in der Traumapädagogik ein sehr wichtiger Bestandteil. Pädagog*innen gelten als Sicherheitsbeauftragte.1 Traumatische Erfahrungen entstehen und manifestieren sich innerhalb gestörter Beziehungen zu sich selbst oder zu anderen Personen.2 Solche Erfahrungen werden innerhalb der Schule und in aktuellen Beziehungsgestaltungen wiederholt. Kinder und Jugendliche mit einer Traumatisierung brauchen vertrauensvolle Beziehungsangebote, innerhalb derer sie wahrgenommen, beachtet und angenommen werden.
Solche Beziehungen sollten:
- geduldig, ausdauernd und standhaft sein,
- durch Personen geprägt sein, die konsequent nach vorhandenen Ressourcen und Interessen des Kindes suchen.3
Eine erwachsene Bezugsperson, die den Schüler*innen respektvoll und liebevoll begegnet, ist grundlegend für den Aufbau einer sicheren Beziehung.4 Jedes traumatisierte Kind mit einer Komplexen Behinderung sollte also mindestens eine erwachsene Bezugsperson haben, die für das Kind da ist, ihm wertschätzend gegenübertritt und die einen liebevollen Umgang pflegt. Im Rahmen solcher Beziehungen spricht man auch von „heilenden Gemeinschaften“.
Was kann eine sichere Bindung im schulischen Kontext bewirken?
Eine sichere Bildung gilt als „die beste Basis für eine gelingende Zukunft“.5 Kinder mit sicheren Bindungsmustern sind in der Lage Gefühle und kognitives Denken miteinander zu verknüpfen. Sie haben genügend Nähe, Verbundenheit, Liebe und Wertschätzung erfahren, dass unangenehme Erfahrungen sie nicht daran hindern, weiter motiviert zu sein, Neues zu erfahren.
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Viele traumatisierte Kinder mit Komplexer Behinderung verlieren ihre Stimme und weigern sich zusprechen. Eine sichere und gefestigte Bindung kann auch in einem solchen Falle helfen, dem Kind zu seiner Sprachfähigkeit zurück zu helfen. Die Bindungsfähigkeit gilt als Grundvoraussetzung für Lernen. Die Institution Schule ist für Schüler*innen mit Komplexer Behinderung eines der wichtigsten Bezugssysteme. In diesem System können sie durch Bestätigung und Ermutigungen durch die Bezugspersonen eine Haltung entwickeln, die auf Autonomie und Freiheit aufbaut.6
Literatur
1 Vgl. Kühn, M (2011): „Macht eure Welt endlich zu meiner!“ Anmerkungen zum Begriff der Traumapädagogik. In: Bausum, J. (2011): Traumapädagogik. Grundlagen, Arbeitsfelder und Methoden für die pädagogische Praxis. Weinheim: Juventa Verlag. S.34.
2 Vgl. Zimmermann, D. (2016): Migration und Trauma. Pädagogisches Verstehen und Handeln in der Arbeit mit jungen Flüchtlingen. 4. Aufl. Gießen: Psychosozial Verlag. S.234.
3 Vgl. Ding, U. (2013): Trauma und Schule. Was lässt Peter wieder Lernen? Über unsichere Bedingungen und sichere Orte in der Schule. In: Bausum, J./ Besser, L./ Kühn, M./ Weiß, W. (Hrsg) (2013): Traumapädagogik. Grundlagen, Arbeitsfelder und Methoden für die pädagogische Praxis. Beltz Juventa: Weinheim und Basel. S.64.
4 Vgl. Möhrlein, G./Hoffart, E. (2014): Traumapädagogische Konzepte in der Schule. In: Gahleitner, S./Hensel, T./Baierl, M./Kühn, M./Schmid, M. (Hrsg.): Traumapädagogik in psychosozialen Handlungsfeldern. Ein Handbuch für Jugendhilfe, Schule und Klinik. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, S.98.
5 Vgl. ebd., S.116. 6 Vgl. Fath, M. (2017). Vom Überleben zu Lebensgestaltung. Sicher sein und wachsen. In: Jäckle, M./Wuttig, B./Fuchs, C. (Hrsg.): Handbuch Trauma – Pädagogik Schule. Bielefeld: Transcript, S.423.