Wie kann KI Lehren und Lernen unterstützen?
Bereits seit Jahren predigen Fachleute, dass KI eine Schüsseltechnologie sei, geeignet die Welt zu verändern, wie einst das Internet. Der auf Künstlicher Intelligenz (KI) basierende Textgenerator ChatGPT hat im November 2022 innerhalb von 5 Tagen 1 Million Nutzer*innen erreicht. Mit dieser beeindruckenden Markteinführung demonstrierte ChatGPT den schnellen Fortschritt und hat die Technologie für alle zugänglich und greifbar gemacht.
“The rise of powerful AI will either be the best or the worst thing ever to happen to humanity.”
KI ist wahrscheinlich das Beste oder das Schlimmste, was der Menschheit passieren kann.
Stephen Hawking, 2016
Losgelöst von der Meinung zu KI ist es eine technologische Innovation, die nicht mehr verschwinden und die (Bildungs-)Welt verändern wird. Um Schüler*innen und die Gesellschaft auf den Umgang mit dieser technologischen Innovation vorzubereiten, ist eine Beschäftigung mit dem Thema für alle Lehrenden in der (Hoch-)Schule unabdingbar.
In dieser Story wird der Blick zunächst auf die Technologie an sich gerichtet, um darauf aufbauend die Bedeutung für die Bildungswelt besser zu verstehen und Anwendungsmöglichkeiten, Chancen und Risiken im Unterricht zu betrachten und reflektiert für sich und die Lerngruppen auszuloten.
1. Grundlagen zu KI
Um sich als Lehrkraft einen Eindruck über die Chancen und Grenzen von KI in der Schule zu bilden, die Bedeutung zu verstehen und den Einsatz für sich selbst und die Lernenden bestmöglich gestalten zu können, ist es hilfreich, die Grundlagen von KI zu verstehen. Was ist überhaupt KI und was ist ein Algorithmus? Worauf muss ich beim Einsatz achten? Worauf muss ich die Lernenden vorbereiten? Welches Material kann ich dafür nutzen?
- Künstliche Intelligenz – Forschungsfeld in der Informatik und technologisches Anwendungsfeld zur Automatisierung als intelligent angesehenen Verhaltens im Sinne einer selbstständigen und effizienten Problemlösung durch Maschinen.
- Algorithmus – Eine wohl definierte Rechenvorschrift, die bestimmte Eingabegrößen in Ausgabegrößen umwandelt und zur Lösung von mathematischen Problemstellungen dient. Alle in einem Computerprogramm ablaufenden Prozesse basieren auf Algorithmen.
Das Team Digitale Lehre des ZfL der Universität zu Köln hat ein Lernmodul zu Grundlagen von KI in der Bildung entwickelt.
In diesem Lernmodul werden Fragen beantwortet, wie beispielsweise:
- Was ist KI? Was ist ChatGPT?
- Wo kann ich Beispiele von KI im Alltag finden?
- Wie verhält es sich mit dem Datenschutz?
- Und was sagt das Schulministerium dazu?
Grundlagen
Weitere Infos zu Künstlicher Intelligenz
- Dein Algorithmus – meine Meinung! – Publikation über die Funktionsweise von Algorithmen
Was macht KI mit meinen Daten? Personenbezogene Daten bilden die Grundlage für eine Vielzahl von Anwendungen in den unterschiedlichsten Lebensbereichen, wie die folgenden Beispiele zeigen:
Warum ist KI (manchmal) rassistisch oder sexistisch? Was hat das mit (meinen) Daten zu tun? Dieses Netzfest-Gespräch bietet einen guten Einstieg und zeigt Chancen und Herausforderungen bereits bei der Entwicklung von KI auf und welche Konsequenzen diese für uns haben können.
Wie geht KI konkret mit Daten um? Welche Daten werden gesammelt und was passiert mit ihnen? Das Lerntool “Wie normal bin ich?” zeigt am Beispiel des eigenen Kamerabildes, wie Bilddaten weiterverarbeitet und interpretiert werden können.
Wie werden künstliche Intelligenzen darauf trainiert, verdächtige Situationen automatisch zu erkennen und “normales” von “anormalem” Verhalten zu unterscheiden? Darauf geht das Tutorial Suspicious Behavior. A Data Annotation Tutorial genauer ein.
2. Anwendungsbereiche von Künstlicher Intelligenz in der Schule
Lehrende und Lernende haben viele Einsatzmöglichkeiten von KI. So kann es von Lehrenden in der Vorbereitung, Durchführung und Nachbereitung von Unterricht eingesetzt werden. Auch für viele Routinetätigkeiten bietet KI Möglichkeiten zur Zeit- und Arbeitsersparnis. Aber auch Lernende können KI im Unterricht oder aber zuhause zur Lernunterstützung verwenden.
Fahren Sie mit der Maus oder dem Touchpad über die Begriffe, um genauere Informationen aufzurufen.
Einsatzbereiche von KI I Mechthild Wiesmann, ZfL der Universität zu KölnICC BY-SA 4.0
Diese Beispiele finden Sie mit genaueren Erläuterungen im vom ZfL der Universität zu Köln entwickelten Lernmodul “KI in der Bildung – Anwendungsbeispiele”.
Lernmodul: Anwendungsbeispiele
Beispiele
Die Fortbildung “KI & Machine Learning – Intelligente Maschinen” richtet sich an Lehrkräfte, welche die Thematik “KI & Machine Learning” in den Sekundarstufen I und II unterrichten wollen. Sie erhalten vertiefte Informationen, vielfältige Methoden und Praxisanregungen, das Thema “Machine Learning – Intelligente Maschinen” im Unterricht ohne Vorkenntnisse mit Schüler*innen zu behandeln.
Das Unterrichtsmaterial “Mensch, Maschine! – Wer zeigt hier wem den Weg?” richtet sich an Kinder und Jugendliche ab 12 Jahren und behandelt – ausgehend vom Simulationsspiel „Mensch, Maschine!“ – das Thema Künstliche Intelligenz und Maschinelles Lernen.
Das kostenlose Online-Seminar “Schule macht KI” des Hasso-Plattner-Instituts in Potsdam richtet sich an Lehramtsstudierende und Lehrkräfte mit dem Ziel, das Thema KI anschließend in den Sekundarstufen I und II unterrichten zu können.
Das von iRights.Lab entwickelte Medienpaket “Algorithmen in unserem Alltag” richtet sich an Schülerinnen und Schüler ab der Jahrgangsstufe 7 mit dem Ziel, ein allgemeines Verständnis über algorithmische Systeme zu vermitteln und gesellschaftliche und politische Zusammenhänge herzustellen.
3. Chancen und Grenzen von Künstlicher Intelligenz
KI Systeme bieten neue Möglichkeiten, Lehren und Lernen zu unterstützen und Prozesse effizienter und effektiver zu gestalten, insbesondere, weil Schüler*innen und Lehrkräfte lernen, diese Technologien gezielt anzuwenden und kritisch zu reflektieren. Das bedeutet, sich beispielsweise über folgende Fragestellungen bei Anwendung von KI im Klaren zu werden: Auf welche Daten greift die von mir angewendete KI zurück? (Wie) Soll ich die Ergebnisse einordnen oder gar hinterfragen? Wie steht es rechtlich gesehen um die Nachnutzung des jeweiligen von KI generierten Werks?
KI sollte allerdings nicht allein als Produktionsmaschine für Open Educational Resources (kurz OER) verstanden werden. Generative KI kann mehr als ein Tool sein und als prozesshaftes Experimentierfeld dienen, in dem laut dem Bündnis freie Bildung individuelle Open Educational Practices (kurz OEP) geübt werden. Einen Blick auf die Möglichkeiten und Risiken finden Sie unter anderem in der folgenden interaktiven Grafik oder im oben verlinkten Artikel des Bündnis freie Bildung.
Fahren Sie mit der Maus oder dem Touchpad über die Begriffe, um genauere Informationen aufzurufen.
Chancen und Herausforderungen von KI I Mechthild Wiesmann, ZfL der Universität zu Köln I CC BY-SA 4.0
Der Lehrer und Referent für die digitale Transformation an Schulen Joscha Falck hat in seinem Blog fünf Dimensionen für den Unterricht beschrieben. Er schreibt:
Es geht darum, Lerngelegenheiten über, mit und durch KI zu initiieren – um Schüler*innen bestmöglich beim Lernen zu begleiten und sie beim Aufbau von Medienkompetenz in einer unübersichtlichen Welt zu unterstützen. Es geht aber auch um Lerngelegenheiten trotz und ohne KI, mit denen wir die Grenzen der Maschinen markieren und Bildungsprozesse aktiv und eigenverantwortlich gestalten – auch wenn einiges auf den ersten Blick nicht mehr notwendig erscheint.
Grafische Darstellung “Lernen und KI – Fünf Dimensionen für den Unterricht” | @joschafalck | CC BY-SA 4.0
Vereinbarung klarer Regeln
Für den Einsatz der KI im Unterricht oder in der Lehre sollten klare Regeln oder eine Art Ehrenkodex mit den Lernenden vereinbart werden. Darin muss sich dann widerspiegeln, in welchen Phasen und in welchem Umfang der Einsatz von KI erlaubt ist. Diese Regeln lassen sich natürlich auch gemeinsam mit den Lernenden erarbeiten!
Professor Christian Spannagel hat hierzu unter dem Titel “Rules for Tools” Regeln zum Einsatz von Künstlicher Intelligenz in seinen Lehrveranstaltungen formuliert, die auch auf den schulischen Unterricht übertragen werden können. Besonders entscheidend ist, die Klärung der Verantwortung bei den Arbeitsergebnissen. Eine Sensibilisierung für die notwendige Überprüfung der Ergebnisse durch den Lernenden ist entscheidend. Die Kompetenzen, die es für die Überprüfung benötigt, können und sollten in der Schule vermittelt werden. Herr Spannagel drückt dies folgendermaßen aus: “Das Werkzeug denkt nicht ‘für Sie’ , sondern Sie denken mit Hilfe des Werkzeugs.”
Philipp Wampfler hat ein Merkblatt für Hausarbeiten und Schularbeiten zum Umgang mit KI-/LLM-Tools entworfen, welches Thorsten von Plotho-Kettner weiterentwickelt und als CC-By 4.0 Material öffentlich und frei zugänglich bereitgestellt hat.
Mit dem Einsatz von ChatGPT im Unterricht kann Medienkompetenz in besonderem Maße gefördert und auch zu erhöhtem personalisierten Lernen eingesetzt werden. Dafür ist es wichtig, dass die Lernenden von einer passiven zu einer aktiven Arbeit mit künstlicher Intelligenz (KI) gebracht werden. Die Qualität der Antworten wird stark durch die Qualität der Prompts bestimmt. Alle Ergebnisse müssen anschließend bewertet werden. Wichtigste Kompetenz für die Lernenden ist es, die Ergebnisse nicht durch Copy und Paste zu übernehmen, sondern KI als Inspirationsmaschine zu nutzen.
Da eine große bekannte Schwachstelle bei Textgeneratoren derzeit (Stand 06/2023) noch die Angabe von Quellen ist, wird die Recherchekompetenz besser noch als bei der Nutzung von Suchmaschinen gefördert. Laut des Lehrers Patrick Bronners bieten KI-Tools die Möglichkeit, kognitiv aktivierende Aufgaben in den Unterricht zu integrieren und dadurch einen deutlichen Mehrwert.
Seine Gedanken zu dem Thema hat der Lehrer Patrick Bronner in einem FAZ-Artikel ausführlich geschildert: ChatGPT wird die Lernkultur grundlegend verändern
Die Black Box durchbrechen – In einer kleinen Artikelserie beschäftigen sich ProPublica-Journalistinnen und -Journalisten mit Themen, die unseren Alltag massiv beeinflussen: 1. Was Facebook über dich weiß. 2. Wenn Algorithmen entscheiden, was Sie bezahlen. 3. Wenn Maschinen lernen, indem sie an uns experimentieren. 4. Wie Maschinen lernen, rassistisch zu sein. ProPublica ist eine unabhängige, gemeinnützige Redaktion, die investigativen Journalismus betreibt.
Vorträge: Sind Algorithmen gerecht? – Im Rahmen der Veranstaltungsreihe “Stadt | Land | DatenFluss” des Deutschen Volkshochschul-Verbandes diskutierten Expertinnen und Experten am 13. April 2021 unter dem Titel “Sind Algorithmen gerecht?” über das Thema Künstliche Intelligenz zwischen Fortschritt und Fremdbestimmung.
Best Practices für digitale Kompetenz – Online-Plattform, die Good-Practice-Beispiele für den Erwerb digitaler Kompetenzen (auch in Bezug auf KI) zusammenstellt und zur Verfügung stellt.
4. KI-Tools: Eine Auswahl
Da der Serverstandort des Textgenerators ChatGPT außerhalb Deutschlands liegt, handelt es sich nicht um ein Tool genehmigt durch die deutsche Datenschutzgrundverordnung. FOBIZZ oder GPTschule bieten Klassenraum-Lizenzen oder eine eigene KI-Assistenz, um auch mit den Schüler*innen datenschutzkonform KI-basierte Inhalte zu erstellen.
fobizz Tools (Fobizz Klassenräume, KI-Assistenz für Sprache, Bilder, Text)
GPTschule (ohne Benutzerkonto, Chats können über Links als Quelle genutzt werden)
Die Plattform KI in der Schule bündelt Konzepte, Tipps und Tools zum Thema Künstliche Intelligenz.
Das Portal Futurepedia bündelt KI-Tools und bietet Filtermöglichkeiten nach Preis, Funktionen und weiteren Kategorien.
5. Fazit
Bei allem Risiko beim Einsatz von KI und den damit verbundenen Herausforderungen, die es zu meistern gilt, wird eins deutlich:
Die Technologie birgt ein hohes Potenzial, Lehrkräfte zu unterstützen. Lehrende werden entlastet, indem ihnen die Technologie eine Arbeitserleichterung verschafft. Auf diese Weise werden Freiräume geschaffen, um personalisiertes Lernen zu ermöglichen. Es gibt aber auch viele offene Fragen, wie beispielsweise
- Wie können wir die Menschen befähigen, mit KI umzugehen und sie zu verstehen?
- Welche Auswirkung hat ChatGPT auf die Curriculumentwicklung?
- Welche didaktischen Konzepte zur Einbindung von KI-Sprachmodellen werden erfolgreich genutzt?
- Was klappt in Richtung Prüfungsgestaltung, -durchführung und -bewertung mit KI-Schreibmodellen bereits gut?
- Wie können wir die digitale Kluft zwischen denjenigen, die Zugang zu KI haben, und denjenigen, die nicht haben, überbrücken?
- Was sind geeignete Richtlinien und Verfahren für den Einsatz von KI-Technologien?
- Wie verhält es sich mit Datenschutz und -sicherheit?
- Wie könnte eine ethische und transparente Nutzung aussehen? Wie können wir sicherstellen, dass KI die Menschenrechte, die Werte und die Moral respektiert? Wer ist verantwortlich, wenn KI Fehler macht oder Schaden anrichtet?
Diese und andere Fragen gilt es mit Mut zum Ausprobieren und einer Veränderung der Lern- und Prüfungskultur zu beantworten, um die Chancen und Risiken durch KI bestmöglich zu nutzen und zu minimieren.
Mit dem Europäischen AI Act wird eine KI-Regulierung auf den Weg gebracht, die möglicherweise helfen kann, zukünftig relevante Risiken und Verantwortungen auszuloten.
6. Weiterführende Informationen
Weiterführende Informationen zum Thema KI finden Sie außerdem in folgenden Materialien.
Was haben Musikhören, das Buchen eines Fluges und das Anhalten durch die Polizei gemeinsam? Bei all diesen Aktivitäten kann heute künstliche Intelligenz (KI) zum Einsatz kommen.
Der Leitfaden KI bietet eine leicht verständliche Einführung für Einsteiger in die Ideen der künstlichen Intelligenz. Ein 80-seitiges Heft mit praktischen Übungen.
Der Online-Kurs Stadt | Land | Datenfluss zielt darauf ab, das Bewusstsein für einen souveränen Umgang mit Daten zu schärfen und das Interesse an datenbasierten Technologien zu wecken.
Im Handlungsfeld “Wissensbasis – KI” werden auf einfache Weise die Grundzüge von Künstlicher Intelligenz vermittelt.
Der Online-Kurs “Einführung in die KI” der UnternehmerTUM GmbH richtet sich an eine breite Zielgruppe ohne Vorkenntnisse. Ziel ist es, die wesentlichen technischen Aspekte und Funktionalitäten von KI zu vermitteln, um zu einem allgemeinen Verständnis von KI zu gelangen.
Foto: Nik Ramzi Nik Hassan von Unsplash
Anna – Das vernetzte Leben – Das Projekt geht der Frage nach, was Künstliche Intelligenz, Algorithmen und Big Data für den Alltag der Individuen bedeutet.
Sammlung von Lernmodulen, Online-Kursen, Artikeln, Videos und Leitlinien des ZfL Köln im Tool “Wakelet”
Tag:Analytics, Audiostory, Big-Data, KI