Adaptiver Unterricht / Differenzierung

Innere Differenzierung zielt nach Textor (2018) darauf ab, die Vielfalt der Schüler*innen in einer Lerngruppe bestmöglich anzuerkennen und sie gemäß ihrer Fähigkeiten und Interessen zu fördern, während gleichzeitig ein Gefühl der Gemeinschaft unter den Schüler*innen erhalten bleibt. Diese Differenzierungsformen können in quantitative und qualitative Formen unterteilt werden. Quantitative Differenzierung bezieht sich auf die Anzahl und Länge der Aufgaben, die den Schüler*innen gegeben werden. Zum Beispiel könnten Schüler*innen im Deutschunterricht unterschiedlich lange Texte zum Vorlesen erhalten. Dieser Ansatz ist jedoch problematisch, da er motivierte Schüler*innen belohnen und weniger motivierte Schüler*innen bestrafen kann (Textor, 2018). Qualitative Differenzierung bedeutet, dass die Art der Aufgaben variiert, an denen die Schüler*innen arbeiten, wobei das Anforderungsniveau angemessen gewählt wird, um sie herauszufordern, ohne sie zu überfordern. Wenn Schüler*innen an offenen Aufgaben arbeiten, die unterschiedliche Lösungswege und Niveaustufen ermöglichen, wie beim kreativen Schreiben, spricht man von “Selbstdifferenzierung”. Hier passiert die Differenzierung praktisch von selbst, da die Schüler*innen die Aufgaben auf ihrem eigenen Lern- und Entwicklungsstand bearbeiten (Textor, 2018).

Die äußere Differenzierung zielt darauf ab, möglichst homogene Gruppen zu bilden, die auf einem Kompetenz- bzw. Leistungsniveau sind. Dies kann beispielsweise der Fall sein, wenn eine Gruppe von Schüler*innen mit sonderpädagogischem Förderbedarf separat von den anderen Schüler*innen unter Anleitung einer sonderpädagogischen Lehrkraft in einem separaten Raum an speziellen Aufgaben arbeitet, während die übrigen Schüler*innen im regulären Klassenverband lernen. Dennoch ist es letztendlich aufgrund der individuellen Unterschiede der Schüler*innen nicht möglich, vollständig homogene Lerngruppen durch äußere Differenzierung zu schaffen. Die äußere Differenzierung basierend auf Schulleistungen entspricht nicht den Kernprinzipien der Inklusion, da dies dazu führt, dass Schüler*innen je nach ihren individuellen Voraussetzungen in Leistungskategorien eingeteilt werden, anstatt dass alle Schüler*innen unabhängig von ihren Fähigkeiten einen gleichberechtigten Zugang zu schulischen Ressourcen haben. Dagegen ist die äußere Differenzierung nach Interessen, bei der allen Schüler*innen gleichermaßen alle Möglichkeiten offenstehen, mit inklusiven Grundsätzen vereinbar, wie es zum Beispiel bei AGs der Fall ist (Textor, 2018).

Die Aufgaben werden in Bezug auf ihre Schwierigkeit und Komplexität variiert, indem unterschiedliche Anforderungen an die Verarbeitung des Gelernten gestellt werden. Ein Beispiel hierfür wäre, dass einige Schüler*innen das Gelesene zusammenfassen (Reproduktion), während andere versuchen, es auf neue Probleme anzuwenden (Transfer). Im Mathematikunterricht könnte dies bedeuten, dass einige Schüler*innen Übungsaufgaben bearbeiten, die die Anwendung des gerade Gelernten erfordern, während andere sich auf vorherige Lerninhalte konzentrieren und wieder andere Transferaufgaben bewältigen, die über das Gelernte hinausgehen (Textor, 2018).

Die Schüler*innen beschäftigen sich mit vielfältigen Lerninhalten, was verschiedene Formen der Differenzierung einschließt. Das kann bedeuten, dass sie an verschiedenen Facetten eines Themas arbeiten, wie es beispielsweise bei Projektarbeiten der Fall ist. Alternativ dazu kann dies auch bedeuten, dass sie an vollkommen unterschiedlichen Themen arbeiten, sei es aufgrund ihrer Interessen oder um den individuellen Umgang mit bereits erworbenen Kenntnissen zu üben, wie es oft in der Freiarbeit vorkommt Textor, 2018).

Die Art und Weise, wie die Schüler*innen in Gruppen zusammenarbeiten, wird variiert. Dies kann beispielsweise bedeuten, dass ein Tutorensystem oder Lernpartnerschaften zur Anwendung kommen, um innere Differenzierung zu ermöglichen. Alternativ könnten Schüler*innen, die Schwierigkeiten haben, in einer größeren Gruppe mitzuarbeiten – in Zweier-Teams (Textor, 2018).

Die Schüler*innen verwenden unterschiedliche Medien und Hilfsmittel, um ihren individuellen Bedürfnissen gerecht zu werden. Zum Beispiel können einige Schüler*innen konkrete Hilfsmittel verwenden, um handlungsorientiert zu arbeiten, während andere auf bildliche Darstellungen oder gar keine zusätzlichen Hilfsmittel zurückgreifen. Im Mathematikunterricht könnten Schüler*innen je nach Bedarf Rechenplättchen und ein Zwanzigerfeld, selbst gezeichnete Punkte oder keinerlei Hilfsmittel verwenden, während im Deutschunterricht die Schüler*innen selbst entscheiden können, ob sie ihre Anlauttabelle nutzen möchten (Textor, 2018). Eine andere Möglichkeit besteht darin, die Lernmaterialien entsprechend den individuellen Bedürfnissen der Schüler*innen anzupassen, beispielsweise indem Schüler*innen mit Leseproblemen größere Schriftarten zur Verfügung gestellt werden oder Kinder mit ADHS Arbeitsblätter erhalten, die nur wenige Aufgaben pro Blatt enthalten (Textor, 2018).

Die individuelle Aufmerksamkeit, die die Lehrkraft einzelnen Schüler*innen schenkt, findet differenziert statt. Dies beinhaltet sowohl emotionale Unterstützung als auch praktische Hilfe. Es kann jedoch schwer nach außen hin erkennbar sein, ob die Lehrkraft dies bewusst als Differenzierungsinstrument einsetzt oder nicht (vgl. Kapitel Basisdimensionen von Unterricht). Eine Variante dieser Differenzierungsmethode könnte darin bestehen, Schüler*innen Unterstützungssysteme zur Verfügung zu stellen, wie Lernpaten oder Buddys, die bei Verständnisschwierigkeiten helfen können, insbesondere wenn einzelne Schüler*innen noch nicht fließend Deutsch sprechen (Textor, 2018).